Beim Industrial HPC User Round Table – kurz: iHURT 2019 – am 3. Dezember kamen aktuelle und künftige Nutzer von Clustern und Höchstleistungsrechnern zusammen und diskutierten über Probleme und Alltagssituationen rund um HPC (High-Performance Computing)
Die SICOS BW GmbH und das HLRS veranstalteten zum dritten Mal in Folge ein Forum, das Anwendern von HPC die Gelegenheit gibt, sich gemeinsam über Herausforderungen im Bereich Höchstleistungsrechnen bzw. Simulationsberechnung in der Industrie auszutauschen. Unter den über 30 Teilnehmern waren namhafte Großunternehmen, wie Bosch, Festo, Porsche und Volkswagen vertreten, sowie zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen, die Rechenleistung am HLRS beanspruchen.
HPC-Anwender sind täglich vor großen Herausforderungen gestellt: komplexe Codes, neue Technologien, Lizenzmodelle, Nutzerbetreuung, die Organisation von Workflows und vieles mehr. Hierüber konnten die Teilnehmer beim iHURT diskutieren.
Das Vortragsprogramm wurde durch Impulsvorträge eröffnet, die Einblicke in industrielle Anwendungsfelder gaben: Andreas Link vom Automobilzulieferer Mann + Hummel beschrieb die CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics), die sein Team beim HLRS durchführt, um die Geometrien der Fahrzeugkomponenten zu optimieren und die Geräuschentwicklung durch Luftströmungen zu reduzieren. In Kombination mit Rapid Prototyping-Technologien ermöglicht dieser Ansatz das schnelle Testen neuer Geometrien. Rene Thümmler von der CFD Consultants GmbH, einem kleinen Beratungsunternehmen, das seine Kunden bei der Durchführung von CFD-Simulationen unterstützt, sprach über seine Erfahrungen mit den HLRS-Computerressourcen und wies auf die Herausforderungen hin, denen sich das Unternehmen bei der Datenübertragung und Softwarelizenzierung gegenübersieht.
Das diesjährige iHURT-Treffen widmete sich insbesondere dem wachsenden Interesse an der Integration von Anwendungen für künstliche Intelligenz und Hochleistungsrechnen. Dr. Iris Pantle vom Startup Falquez, Pantle und Printz GbR beschrieb das Ziel ihres Unternehmens, maschinelles Lernen und klassische CFD-Simulation zu integrieren. Das Startup befindet sich in einem frühen Stadium der Entwicklung einer cloudbasierten Plattform, die mithilfe von maschinellem Lernen wichtige Parameter in CFD-Datensätzen identifiziert, Simulationsergebnisse analysiert und die Produktentwicklung interaktiv und automatisiert optimiert. Dr. Alexander Thieß von der Spicetech GmbH beschrieb, wie sein Unternehmen mithilfe eines „KI-as-a-Service“-Angebots Künstliche Intelligenz als Dienstleistung für andere Unternehmen anbietet, die daran interessiert sind, auf möglichst einfache Weise maschinelles Lernen zu nutzen, um Erkenntnisse aus den von ihnen gesammelten Daten zu gewinnen.
Fachexperten von HLRS und SICOS-BW beschrieben die jüngsten Entwicklungen beim HLRS, die für industrielle HPC-Anwender relevant sind. Der Geschäftsführer der SICOS-BW, Dr. Andreas Wierse, informierte über EXCELLERAT, ein europaweites Projekt des HLRS, das akademische Forscher und die Industrie zusammenbringt, um neue leistungsfähigere Softwaretools zu entwickeln, die die Industrie benötigt, um Supercomputer im Exascale-Bereich sinnvoll zu nutzen.
Dr. Thomas Bönisch, Leiter des HLRS-Anwendersupportteams, stellte den neuen Supercomputer des HPC-Zentrums namens Hawk vor, der Anfang 2020 online gehen soll und die Rechenleistung seines Ausgangssystems Hazel Hen mehr als verdreifachen wird. Nicole Dobner von SICOS-BW informierte über das Weiterbildungsprogramm der Supercomputing Akademie, an dem das HLRS, die Universität Ulm und die Universität Freiburg beteiligt sind und das speziell auf die Bedürfnisse industrieller HPC-Anwender zugeschnitten ist. Im Januar 2020 startet die Akademie mit fünf kostenfreien Modulen ins neue Jahr. (Mehr Informationen unter https://www.supercomputing-akademie.de/moduluebersicht/)
Am Nachmittag diskutierten die Anwender im Rahmen eines Workshops intensiv über aktuelle „Schuhdrückerthemen“: Auf die Frage nach den wichtigsten Herausforderungen im Bereich HPC und mit welchen Strategien und Maßnahmen diese zu bewältigen seien, wurde zum einen der Workflow genannt, da z.B. eine hohe Zahl von kurzen Läufen und eine einheitliche Standardisierung von Parametern erforderlich sei, was sich als eine verbreitete und alltägliche Herausforderung herausstellt. Auch das Thema Sicherheit wurde angesprochen, denn ein verschlüsselter Datentransfer ist auch in der Simulationsberechnung unabdingbar. Als Strategie wurden zudem standardisierte Cloud-Lösungen diskutiert, sowie eine eindeutige Transparenz im Fehlerfall. Gerade im Bereich der Simulation ist ein reibungsloser Workflow von besonderer Bedeutung. Eine Auslagerung in die Cloud unterbricht jedoch unter Umständen diesen Workflow und löst daher nur einen Teil des Problems. Darüber hinaus befürchten die Anwender eine wachsende Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter.
Auch werden die Software-Lizenzmodelle für Industriekunden als unvorteilhaft eingeschätzt: Lizenzmodelle sollten nach Meinung der Anwender skalierbar und HPC-gerecht sein.
KI ist und bleibt ein wichtiges Thema, insbesondere ist es im Zusammenhang mit HPC noch nicht komplett erfasst; hier entwickelt sich ein interessantes Instrument für zukünftige Anwendungsfelder.
Beim nächsten industrial HPC User Round Table wird sicher auch KI eines der Themen sein, dann wieder mit spannenden Impulsvorträgen aus der Industrie und einem regen Austausch rund um HPC.
Die nächste iHURT-Veranstaltung findet am 1. Dezember 2020 am Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart statt.